Projekt Große Schwester läuft an: Leo ist da.

Der 12.12. klingt schon rund, aber jemand dachte sich 7.07 Uhr paßt ganz gut dazu.

Leo Gabriel ist in unserer fröhlichen, vagabundierenden Familie angekommen und wird zusammen mit seiner großen Schwester beweisen müssen, daß man mit einer Mutter aus der Beratung sowie einem Vater aus der Werbung nicht zwangsläufig im Chaos enden muß.

Wir arbeiten daran.

Der 50. Monat – Aber nur geliehen!

Eines der schönsten Rituale die Du erfunden hast ist die allabendliche Kuscheltierverteilung. Irgendwann hast Du beschlossen, daß weder Deine Mutter noch ich – Du selbstverständlich ohnehin nicht – einer entspannten Nachtruhe entgegen sehen können wenn wir nicht jeder zumindest ein Kuscheltier mit ins Bett nehmen dürfen. Das geht jetzt bereits Jahre jeden Abend recht unspektakulär über die abendliche Gute-Nacht-Bühne bis schließlich Mascha bei uns einzieht.

Mascha ist eine Puppe, die Du Deiner Mutter irgendwann während irgendeines Ausfluges wie man so schön sagt “aus dem Kreuz geleiert” hast. Mascha war dann kurzfristig interessant, verschwand aber zügig im unteren Bereich der Kuscheltierkramkiste um sich dort mit anderen vergessenen Gesellen ihrer Zunft zu arrangieren. Heißt: Sie wurde missachtet.

Je prominenter nun aber die Sichtbarkeitswerdung Deines zukünftigen Bruders im Zuge der zweiten Schwangerschaft Deiner Mutter voranschreitet, desto wichtiger wird Mascha. Und selbstverständlich sprechen wir hier nicht von einer schleichenden sondern abrupten Einsicht in die Notwendigkeit Mascha aus der Versenkung zu holen. Irgendwann war es dann eben so weit und Mascha war (wieder) da – und zwar omnipräsent um es mal vorsichtig auszudrücken.

Von nun an wird Mascha zum Essen geschleppt, muss beim Zähneputzen zuschauen und bekommt jeden Abend hingebungsvoll das Bett gemacht. Hierzu dirigierst Du mich ins Badezimmer, suchst Dir ein bestimmtes Handtuch aus (wir haben übrigens ausschließlich weiße Handtücher), läßt es Dir von mir herunterreichen und wickelst Mascha darin ein, deckst Sie mit einer kleinen Decke zu und konstruierst Ihr aus täglich variierenden Materialien ein Kopfkissen zurecht. Nur die Decke muss jeden Tag ein anderes Handtuch sein – darauf bestehst Du und ich spiele mit.

Selbstredend bekommt auch Mascha ein Kuscheltier zur Nacht gereicht und da verliere ich dann schonmal gnadenlos: “Papi, Du must das verstehen, die Mascha ist ja noch so klein die braucht heute das Schäfchen. Du bekommst es dann morgen wieder.” Widerspruch zwecklos und unerwünscht. Mascha bekommt also das Schaf, Du die Katze Mimmi und ich habe heute einfach mal Pech gehabt. Passiert und wird, zumindest meinerseits kommentarlos hingenommen. Aber eben nur von mir. Alle Tiere bekommen Gute-Nacht-Küsschen, wir beide umarmen uns und wünschen uns gegenseitig Gute Nacht. Alles wie immer. Du schläfst ein und alles ist gut – so ungefähr eine Stunde lang. Dann ertönt völlig unvermittelt der Ruf nach väterlicher Präsenz in Deinem Kinderzimmer, Du bist hellwach und erklärst mir, das wir nun ganz leise sprechen müssen, da Mascha bereits schläft, Du es aber nun versäumt hast mir ein Kuscheltier zu geben, ich in der Folge also nicht schlafen kann, somit morgen früh nicht wach werde und Du wiederum dann nicht in den Wald kannst!

Das nenne ich mal eine Assoziationskette – Respekt!

Dieser unhaltbaren Situation versuche ich nun wiederum die Schärfe zu nehmen und entgegne ein verständnisvolles “Das ist nicht so schlimm. Ich kann auch ohne Tier schlafen.” “Aber Papi, jeder muss ein Tier haben, das weißt Du doch.” bekomme ich von Dir retour. Mit diesen Worten kletterst Du aus Deinem Bett, zupfst Maschas Decke noch etwas zurecht und spazierst zum Kuscheltierreservoir. Nun hebst Du verschiedene Deiner Kuscheltieren in die Höhe, fragst flüsternd ob ich dieses oder jenes haben wolle und ignorierst konsequent meine Bejahung eines jeden Deiner Angebote.

Schließlich kommst du wieder zurück, gibst mir einen Kuß und empfiehlst mir selbst ein Tier auszusuchen und zwar so: “Papi, Du gehst ja noch nicht schlafen. Wenn Du müde bist, holst du Dir selbst ein Tier, aber Du musst sehr leise sein, denn ich schlafe dann ja schon.” Ich gelobe feierlich völlige Schweigsamkeit und geleite Dich ins Bett zurück. “Papi, was ist Dein Lieblingstier?” fragst Du noch in meine Richtung. Da ich weiß, daß Du in solchen Situationen sowieso nicht aufhörst zu fragen, bis Du eine zufrieden stellenden Antwort erhältst, luke ich in Dein Bett um nicht ein dort liegendes Tier zu nennen und habe unglücklicherweise vergessen das die Katze Mimmi ja in Dein Bett gewandert ist und antworte “Die Katze Mimmi”. “Oh schade, Papi die Mimmi schläft hier unter meiner Decke, die kann ich jetzt nicht aufwecken.” bedauerst Du die Notwendigkeit Mimmi in Deinem Bett zu belassen und beendest zu meiner großen Verwunderung unsere nächtliche Flüsterstunde. Du wickelst meine Hand unter Dein Gesicht und schläfst nach ein paar Minuten wieder ein. Ich warte noch eine Weile und entrolle dann meine Hand von Deinem Gesicht und verlasse das Kinderzimmer.

Gut eine Stunde später bist Du schon wieder wach und erkundigst Dich welches Tier ich denn nun ausgesucht hätte. “Noch gar keins.” entgegne ich. “Dann kannst Du doch die Mimmi haben.” kommentierst Du gönnerhaft die Katzenübergabe.

Zum finalen Ende unserer heutigen Kuscheltierverteilung hebst Du Deinen kleinen Zeigefinger und ermahnst mich nachhaltig: “Aber Papi, nur geliehen! – Selbstverständlich meine Große.”

Ach so: Wach geworden sind wir in dieser Nacht nur noch einmal: Da standest Du dann mit Deiner Decke und allen Lieblingskuscheltieren vor meinem Bett und meintest es wäre besser wir würden heute Nacht alle zusammen in meinem Bett schlafen.

Wahrscheinlich hätte Mimmi sonst Heimweh, oder sowas – aber das ist nur eine Vermutung. Mascha war da übrigens nicht dabei, die hat leider gegen Mimmi verloren – Passiert und ist nicht weiter schlimm, wie gesagt. Ich weiß das ganz genau.

Gute Nacht, meine Große.

Der 49. Monat – 4 x 4 Geburtstag

Wer vier Jahre alt wird, kann auch viermal Geburtstag feiern. Das hat sich niemand so ausgedacht, das ist in Deinem Fall einfach mal so und gestaltet sich konkret wie folgt:

Passend zu Deinem viertem Geburtstag stehst Du um vier Uhr früh auf da Du die erste Aeroflot-Maschine des Tages erwischen musst. Die Waldkindergartenferien nimmt Deine Mutter selbstverständlich zum Anlass den bereits zweiten Mädelsurlaub in diesem Jahr mit Dir zu begehen. Und der findet in einem winzigen Land statt – daß es eigentlich nicht gibt – nämlich in Abchasien im Kaukasus – gelegen direkt am Schwarzen Meer zwischen Russland und Georgien. Ihr beide fliegt also genau an Deinem Geburtstag von Düsseldorf via Moskau nach Sotchi und von dort weiter mit dem Auto ins abchasische Gagra. Dort wohnt eine bezaubernde Familie, die uns bereits zweimal herzlich beherbergt hat. Dein erstes Geschenk packst zu in der Warteschlange vor dem Gate aus und spazierst anschließend betont stolz mit Deinen neuen Kopfhörern durch die Abflughalle. Das die an überhaupt nichts angeschlossen sind ist Dir sichtlich egal, solange Du nur jedem zeigen kannst, was Du bekommen hast. Und natürlich jedem wildfremden Menschen mitteilst, daß Du eben heute Geburtstag hast. Wir stehen folglich in einer wörtlich zu nehmenden unterhaltenden Schlange. Nach dem Check-In bin ich dann sozusagen Geburtstagsmäßig raus und werde ab jetzt von Deiner Mutter per Mail auf Stand gehalten.

Der kaukasische Kindergeburtstagstrip verläuft organisatorisch nach Plan und der Empfang in Gagra gestaltet sich standesgemäß. Jeder der jemals in seinem Leben eine solche “Privat-Unterkunfts-Reise” in den Post-Sowjetischen Raum unternommen hat, weiß wovon ich spreche. Wer nicht, dem fehlt etwas – das kann ich garantieren. Man darf zwar nix bezahlen, schleppt aber gehörig Geschenke heran um dann gefühlt ununterbrochen am Tisch zu sitzen und zu essen. Der vorliegenden Fall wiegt noch ein wenig stärker, da die besagte Familie (hier wohnen alle Generationen noch unter einem Dach) zwar mit Lyka und Lena zwei erwachsene Töchter hat, die aber wiederum beide kinderlos sind, folglich das Enkelkind im Hause ausbleibt. Und dann kommst Du an Deinem Geburtstag eingetrudelt. Soweit ich weiß wurde drei Tage lang gekocht und gebacken.

Den Umstand, daß Du Dir am dritten Tag einen Infekt eingefangen hast, zwei Tage die örtliche Kinderklinik besuchen durftest und zum Abschluss Baden im Meer verboten war erwähne ich hier rein protokollarisch, denn das hat ja nichts in einer Geburtstagsgeschichte zu suchen. Bleibende Schäden sind jedenfalls nicht bekannt. Die Rubrik Reiseerfahrung hat ein Häkchen mehr.

Eineinhalb Wochen später hole ich Euch beide wieder am Flughafen ab und wir schalten auf Normalprogramm um. Also Geburtstagsnormalprogramm, natürlich.

Dein Waldkindergarten hat noch einige Tage geschlossen und somit bringe ich Dich morgens zu Deinen mütterlichen Großeltern. Und hier wartet – wen wird es wundern – pünktlich an einem Montagmorgen eine Torte mit vier Kerzen und eine riesengroße Geschenkschachtel auf Dich. Auf den Taktschlag Deines Schwellenübertritts setzt das Geburtstagslied ein und wir tanzen zu viert im Kreis. Die Nachbarn Deiner Großeltern bilden die passende und ein wenig staunende Kulisse, gratulieren Dir aber selbstverständlich noch obendrauf. Nachmittags gibt es noch eine passende Geburtstagsrunde mit Deiner Freundin Agnescha und abends erzählst Du mir fröhlich schon wieder Geburtstag zu haben. Pädagogisch korrekt gibt es also folglich Geburtstagsabendessen, aber Knackwürstchen sind bestimmt nicht so schlecht wie ihr Ruf.

In der kommenden Woche geht es morgens wieder in den Wald; wenn auch noch nicht alle Waldwichte und Baumtänzer aus den Ferien zurück sind. Erste Frage am ersten Tag von Erica, sozusagen dem “Head of Forerst”: “Wann feiert Ihr Geburtstag? Die nächsten Tage gibt es ganz viele!” Wir verständigen uns auf den kommenden Freitag, da Deine Mutter in dieser Woche bereits Donnerstag einfliegt und somit noch etwas vorzubereiten möglich ist. Ich wundere mich natürlich nicht, daß Ihr beide am Donnerstag-Abend gemeinsam in der Küche steht und einen Berg von Mini-Muffins produziert. Jedenfalls tragen wir diesen Berg am Freitag in den Wald und Deine gebastelte Papierkrone mit der großen 4 in der Mitte möchtest Du am liebsten selbst abends im Bett nicht absetzen.

Was bleibt ist noch Deine eigene Geburtstagsparty. Den die darf natürlich nicht fehlen. Lange überlegt hast Du nicht wie Du Dein Wiegenfest feiern möchtest und es überrascht mich nicht an einem Samstag auf der Ponyponderosa einzulaufen. Das Wetter ist traumhaft und wir verbringen mit zehn Freundinnen von Dir hier den ganzen Tag. Wenn es irgendwo ein Wendyparadies gibt, dann kann es sehr gut hier sein. Erst wird gebürstet und gestriegelt was das Zaumzeug hält und dann seit ihr von Luna und Co nicht mehr herunter zu kriegen. Kurzum, eine vermutlich gelungene Veranstaltung. Unglückliche Kinder habe ich jedenfalls keine gesehen.

Sarah Sophies 4. Geburtstagsparty, August 2015
Sarah Sophies 4. Geburtstagsparty, August 2015

Und ich glaube seit diesen Tagen denkst Du einfach in etwas größeren Dimensionen. Am Abend vor dem Schlafengehen blickst Du mich mit ernster Miene an und verkündest mit überzeugtem Willen: “Papi, ich möchte kein Pony mehr! Ich möchte einen Stall!”

Mehr muss wohl nicht gesagt werden. Herzlichen Glückwunsch, meine Große.