Zielgerade @ Super 8

Hin und wieder noch mit kleiner Hilfe, meist aber schon alleine. Projekt Laufen lernen geht auf die Zielgerade.


Sarah Sophie 2012 – Part 5/6 – Oktober 2012 – Abchasien & Düsseldorf
Musik – Rupa and the Aprilfishes – Neruda

Kaukasus @ Super 8

Während unserer Kaukasus-Tour kam es auf etwas mehr Equipment nun auch nicht mehr an und zumindest die kleine Leicina Super 8 mußte natürlich mit.


Sarah Sophie 2012 – Part 3/6 – September 2012 – Kaukasus
Musik – Waldeck – Memories – Bei mir bist Du schön


Sarah Sophie 2012 – Part 4/6 – September 2012 – Kaukasus
Musik – Rupa and the Aprilfishes – C’est Moi

Elternzeit @ Super 8

Das Projekt Laufen lernen in der Super 8 – Version. Das vergangene Jahr stand selbstverständlich unter einem großen Motto: Der aufrechte Gang – und das ganz alleine. Deinem Vater fällt natürlich nichts besseres ein, als ständig mit der Kamera dabei sein zu wollen.


Sarah Sophie 2012 – Part 1/6 – April/Mai/Juni 2012 – Elternzeit
Musik – Element of Crime – Jung und schön


Sarah Sophie 2012 – Part 2/6 – April/Mai/Juni 2012 – Elternzeit
Musik – 2Raumwohnung – Mädchen mit Plan

Der 16. Monat – Teddys bekommen ein Zuhause

Regen und graue Wetterlagen kommen in unseren Breitengraden ja durchaus das ein oder andere Mal vor, Monat Nummer 16 Deines Lebens glänzt aber derart mit beidem, daß die Freizeitmöglichkeiten arg eingegrenzt werden. Genau genommen verbringen wir diesen Monat gefühlt vollständig zu Hause, was Deine Mutter und mich in zwei Dingen verwundert: erstens wir können genau das und zweitens verfallen wir doch nicht direkt in tiefe Depression wenn wir nicht umher vagabundieren.

Wir kommen dann aber auf so seltsame Ideen wie etwa festzustellen, daß Dein Kinderzimmer nicht wie ein solches aussieht, Deine Spielsachen alle im Wohnzimmer gelagert werden und in Deinem Zimmer eigentlich nur Dein Bett steht. Deine Mutter beschließt die sofortige und unumkehrbare Änderung dieses, ab sofort unerträglichen Zustandes. Der war mir wiederum zwar bis dato als solcher noch nicht ersichtlich aber an irgendeinem Samstag besteht akuter Handlungsbedarf. “Das Kind kann ja gar nicht in seinem Zimmer spielen.” war – glaube ich – der Schlüsselsatz und ab dann setzt ein gewisser Automatismus ein. Das Ergebnis dieses zielgerichteten elterlichen Aktionismus ist ein Spielteppich mit Emma dem Zebra, Bruno dem Bär, einer Truhe mit irgendeinem anderem Zebra und zwei Regale Deiner Reichweitenhöhe im Giraffendekor um die versammelte Plüschtierelite Deines jungen Lebens stilecht aufzubahren. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich überhaupt nicht wie Teddy und Co bisher den Weg zu Dir gefunden haben. Spekulativ ist es zu vermuten, daß Dein bisher mäßiges Interesse an ihnen damit einhergeht. Aber egal, jetzt weiß jeder wo er hingehört.

Deine Mutter ist in Ihrer Begeisterung für die Erschaffung Deiner neuen Kinderwelt nicht zu bremsen und verkündet frohlockend wie hübsch es doch wäre wenn in Dein neues Zimmer auch mal Besuch kommen würde. Passend erscheinen also Martina und Christian nebst Tochter Helene wenige Tage später zum Essen. Helene ist nur einige Tage älter als Du und somit grundkompatibel für ein solches Unterfangen.

Unmittelbar nach der Vorspeise beginnst Du mit Deiner neuen Freundin allmählich Deine Spielsachen und Kuscheltiere ins Wohnzimmer zu verfrachten um sie dann – wie üblich – über den Boden auszubreiten. Das ist eigentlich nichts Neues, das war schon immer so, seit Du irgendetwas selbst tragen kannst. Man will ja schließlich zeigen was man hat und kann.

Etwa in Höhe des Hauptgangs vernehmen wir sonderbare Geräusche aus Richtung Kinderzimmer, die uns wie das Verrücken von Möbeln vorkommen. Noch während sich zwei Elternpaare verwundert anblicken, schiebst Du unter tatkräftiger Hilfe Dein gesamtes bewegliches Interior aus Kinder- ins Wohnzimmer und beginnst augenblicklich damit es dort von seinen letzten Intarsien zu befreien. Ich bin verzückt und verweise auf die Richtigkeit das Kinderzimmer endlich mobiliar gestaltet zu haben. Zu guter Letzt fliegt der vollständige Inhalt der großen Schubfächer mit den Bodenrollen durch die Gegend und zwei glückliche Kleinkinder werden in eben diesen Schubladen sitzend durch das Zimmer geschoben.

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Und weil ja nun wieder Platz im Kinderzimmer ist lassen sich die Indoorausflugsfahrten auch dorthin ausdehnen. Somit sieht vor dem Dessert alles wieder aus wie immer. Freiflächen für den aufrechten erwachsenen Gang sind spärlich gesät und wenn man sich doch seine Weg geebnet hat steht man vor einem Panorama freiflächiger Kinderzimmerromantik gemäß des Mottos “Ordnung durch Leere”.

Einen Vorteil hat das ganze aber schon: Ich räume jetzt jeden Abend nicht mehr ein Zimmer auf, sonder trage Deine Sachen durch unsere Wohnung um sie dann in Deinem Zimmer wieder aufzustapeln.

Schon schön was uns an Regentage so einfällt. Nächsten Monat fahren wir wieder weg – das garantiere ich! Meinetwegen auch bei schlechtem Wetter.

Der 15. Monat – Kindergarten vs. UN

Dein 15. Lebensmonat kennzeichnet sich vor allem dadurch, daß Du – aber vor allem Deine Mutter und ich – langsam aber sicher in einer gewissen Normalität unseres Familienbetriebes ankommen müssen – was wiederum konkret bedeutet uns beide zu trennen. Eine grauenvolle Vorstellung, nehme ich doch das Attribut perfekter Verdrängung unaufhaltsamer Tatsachen für mich allgemeingültig in Anspruch. Deine Mutter – wohlwissend um diesen Umstand – hat also Deine Kindergarteneinführungsrunde in genügendem Abstand vor ihren finalen beruflichen Vollzeitwiedereinstieg gesetzt.

So eine Kleine-Menschen-lernen-etwas-neues Einführung findet unter bedenklicher Missachtung der UN-Menschenrechtscharta statt. Jedem Gefangenen (nach UN-Auslegung) steht das Recht auf Aufklärung seiner Situation, einer Interessenvertretung seiner Person und die Garantie der Ausübung seiner persönlichen, ethnischen und religiösen Grundfreiheit zu. Und das bekanntlich 1948 zuletzt international festgeschrieben. Im Kindergarten gibt es nichts von alledem. Das kann ich belegen, denn ich muss Dich petitions- und beistandslos diesem Sammelsurium an Willkür übereignen und dies auch noch mit Wissen und vollständigem Einverständnis Deiner Mutter.

An einem für Dich nicht vorherzusehenden Tag – selbst Delinquenten übelster Hinterhältigkeit erfahren vorab was ihnen blüht – verfrachtet Dich Deine Mutter ohne viel Federlesens in ihr Auto und fährt mit Dir gen Kindergarten. Irgendein Ratgeber verbietet eine elterlich-duale Kindergarteneingewöhnung und ich bleibe zu Hause. Wahre Helden leiden eben leise.

Dort angekommen erwartet Dich Deine neue Großraumbespaßung mit zu weiten Teilen hier weit länger ihrem Schicksal übereigneter Kleinmenschen ganz ohne jedwede Vorwarnung. Nun erfolgt ein perfide Schritt von Vortäuschung falscher Tatsachen. Deine Mutter mischt sich und Dich unauffällig unter die muntere Kinderschar um im passenden Moment mit einem kurzen, knappen “Paka” aus dem Raum zu verschwinden. Verabschiedungen haben sich bei uns mittlerweile auf russisch eingebürgert, da es zu allerliebst klingt, wenn Du statt “Paka” (also “Tschüss” auf russisch) “Kaka” unter Zuhilfenahme winkender Hände von Dir gibst, da Du Dich beharrlich weigerst das “K” mit einem “P” zu tauschen. Den irritierten Blick Deiner Umwelt in diesen Situationen kann man sich lebhaft vorstellen. Aber zurück zum Kindergarten: da stehst Du also nun vor einer Heerschar bereits zum Kollektiv verbrüderter kleiner Menschen die Dich altersmäßig nicht selten um mehr als das dreifache überragen und wirst von Anna und Barbara, den beiden Oberkommandierenden des Pionierbataillons vorgestellt. Das ist die Sarah Sophie, die gehöht jetzt zu uns. Lebenslänglich Verurteilte können Rechtsmittel einlegen, Du nicht. Basta. Eltern können grausam sein. Deinen Unmut über diese neue Lebenssituation bekundest Du sogleich mit einer verbalen Protestnote und forderst Dein kleinkindliches Recht auf Individualbetreuung ein. Und tatsächlich hier ist nicht alles grausam. Flugs sitzt Du auf dem Arm einer der beteiligten Gruppenvorsteherinnen und wirst – wie ich vermute – über die zukünftigen Einschränkungen Deiner grundrechtsmäßig garantierten Freiheiten instruiert. Aber wie gesagt, das kann ich natürlich nur mutmaßen.

Die Instruktionen scheinen Wirkung zu zeigen, denn nach einigen Minuten beruhigst Du dich scheinbar und ergibst Dich Deinem Schicksal. Unter Folter gesteht man ja alles irgendwann. Der Spuk ist nach einer gefühlten Ewigkeit vorbei und Deine Mutter erscheint wie aus heiterem Himmel als Retterin der Entrechteten und nimmt Dich wieder zu sich, spielt noch etwas mit Dir und den anderen Schicksalsergebenen um Euch dann wieder nach Hause zu chauffieren.

Von nun an wiederholt sich dieser Eingriff in Dein Selbstbestimmungsrecht und die kleinkindliche Reservatsüberführung mit bedenklicher tägliche Regelmäßigkeit. Deine Aufenthalte im Club der Entrechteten werden kontinuierlich länger, selbstverständlich bei gleichzeitiger Abnahme derselben Deiner Mutter, bis Du schließlich dort angekommen bist, wo wir Dich die nächsten Jahre angedacht haben:

Jeden Vormittag von halb neun bis zwölf unter ähnlich temporär Elternbefreiten.

Ganz im geheimen – aber wirklich nur wenn gar niemand zuhört konnte ich mich zu der Aussage hinreißen lassen, daß Dir das alles auch noch scheinbar Spaß bereitet. Dein Vater jedenfalls leidet jeden Morgen wenn Du von dannen ziehst. Aber das tut er selbstredend heldenhaft leise. Davon steht dann aber nix bei den Vereinten Nationen. Möglicherweise ist das aber auch gut so. Wehr Dich Prinzessin, wenn Dir was nicht paßt. Das sagt zwar nicht die UNO, aber dafür ich.

Gagra – Ein Tag am Meer

Wir bewohnen das kleine Gartenhaus unserer Gastgeber die Dich sofort in Ihr Herz geschlossen haben und zwar alle über alle drei Generationen hinweg. Zum Strand sind es nur etwa zehn Minuten und somit steht einem Tag am Meer nichts im Wege. Ich gebe zu die Infrastruktur der zweitgrößten Stadt Abchasiens könnte geringfügig verbessert werden aber mit etwas sportlichem Willen und den richtigen Rädern an Deinem Kinderwagen kommt der auch überall hin.

Eine Bahnlinie inklusive Wall ist zu überwinden und die sicherlich tüchtige Gemeindeverwaltung hat gewiss einfach nur vergessen ein paar Hinweisschilder aufzustellen. Auf einem Gerölltrampelpfad umkurven wir ein paar seeähnliche Pfützen denn unpraktischerweise hat es die ersten zwei Tage unser Ankunft nahezu ununterbrochen geregnet. Dann aber sind wir am Strand angekommen und Du schaust auch nur ein ganz klein wenig irritiert, denn Meer mit Horizont kennst Du – davor hat aber gefälligst Sand in rauen Mengen vorzuherrschen. Das ist hier leider nicht der Fall und so finden wir uns schließlich am Kieselstrand von Gagra wieder. Babuschkas schleppen dicke Tüten mit allerlei selbst gebackenem umher und das Bier von der Bretterbude ist eiskalt. Kurzgesagt unsere Familie fühlt sich wohl.

An einem ordentlichen Strand im postsowjetischen Raum dürfen natürlich Maiskolben nicht fehlen und die stellen Deine neuste Herausforderung dar. Deine Mutter hat sich erlaubt eine solchen ganz für sich alleine zu kaufen und muß mit dem augenblicklichem kleinkindlichen Protest Deinerseits leben. Mütterlich vorsorglich klaubt sie Dir einzelne Maiskörner heraus und findet reißenden Absatz. Auf Dein Selbstverwirklichungsrecht pochend machst Du uns allerdings unmissverständlich klar einen eigenen Maiskolben haben zu wollen um einen weiteren Schritt in Autarkie von der elterlichen Nahrungsvorsortierung zu erlangen. Zu meiner Überraschung verlierst Du an dem nicht nach wenigen Minuten das Interesse (ich habe wahrscheinlich bereits erwähnt, daß Du in Geduldsdingen wahrhaftig die Tochter Deiner Mutter bist), sondern knabberst ihn hingebungsvoll und mit gründlicher Leidenschaft ab. Wir sind dermaßen begeistert, daß wir gar nicht bemerken wie einige Strandbesucher vor Dir stehen geblieben sind um dem Schauspiel beizuwohnen. Das wiederum gefällt Dir und das mittlerweile bekannte Schauspiel vom kleinen Kind und staunenden Passanten nimmt seinen Lauf. Aber ein zu putziges Bild gibt die Szene wirklich ab.

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Und mir gefallen die mächtig anerkennende Gesten unserer Umwelt zu meiner Tochter. Man glaubt es nicht aber es dauert nicht allzu lange bis jemand mit einer Flasche Vodka auftaucht um mit mir auf meine außergewöhnliche Tochter anzustoßen. Es ist zwar erst früher Mittag aber es wäre unhöflich den Mann zurückzuweisen. Also trinken wir auf Dich, Deine Mutter und seine Frau, Völkerfreundschaften und die Tatsache uns getroffen zu haben. Das ist nun wirklich praktisch, denn Sergej ist unter anderem Taxifahrer und wir brauchen ohnehin jemanden der uns morgen durch die Schlucht zum Ritsasee fährt. Und wer so tapfer trinken kann scheint mir bestens geeignet für den Job. Wir verabreden uns für den morgigen Tag neun Uhr.

Unser Gastgeber ist Jäger und der dazugehörige Hund namens Bona Dein neuer Freund obwohl er Dich in Größe etwas überragt. Da Du Dich weigerst ohne Bona das Haus zu verlassen haben wir uns entschlossen ihn hierhin mit zum Strand zu nehmen was ich anfänglich für völligen Unfug gehalten habe, nun aber recht passend finde, da er praktischerweise wasserscheu ist und als Wachhund nicht von unseren Sachen weicht während wir mit Dir im Meer sind. Zu Vodka gehört schließlich Wasser – ob nun von außen oder innen. Denn ganz nebenbei hast Du heute Deine letzte Angst vor Wellen abgelegt und bist nur schwer davon zu überzeugen das Meer wieder zu verlassen. Da das ganze fast Badewannentemperatur hat ist Deine neue Freizeitbeschäftigung auch ausgiebig zu genießen.

Und übrigens, die zweite Schaschlikbude vom Strand aus ist die beste. Das haben Sergej und ich genauestens überprüft. Wirklich schön so ein Tag am Meer.


Sarah Sophie 2012 – Part 3/6 – September 2012 – Kaukasus