Der 24. Monat – Papa muß weg!

Dein 24. Lebensmonat fällt logischerweise auf den Hochsommer und somit jährt sich eine Veranstaltung die mit Dir überhaupt nichts zu tun hat: Die gemütliche Verrücktentruppe meines Lieblingskunden unternimmt Ihr jährliches Teambuilding an dem Dein Vater natürlich nicht fehlen darf. Als ich in Deinem Alter war nannte man das noch Betriebsausflug und belegte im Firmenkalendarium einen freien Nachmittag sowie in der ortsansässigen griechischen Spezialitätengaststätte die Kegelbahn. So erzählt es zumindest Dein Opa.

Heute koppelt man an den Nachmittag noch ein Wochenende an und fährt ans Meer. Jedenfalls entfällt somit ein Wochenende väterlicher Verfügbarkeit für Dich. Ich bin mir sicher das geht klar mit uns beiden. Nachdem Deine Mutter diese Offerte unterbreitet bekommt überlegt sie nicht lange und entscheidet kurzerhand mit Dir einen Mädelsausflug nach Berlin zu unternehmen. Dort wohnt bekanntlich ein ganzer Schwung bester Freundinnen Deiner Mutter, so auch Mimi.

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In den nächsten Tagen höre ich gefühlte tausendmal den gleichen Satz aus Deinem Mund: “Baby fährt tu Mimi”. Z und T sind derzeit noch nicht zu unterscheidende Konsonanten für Dich. Jedenfalls ignorierst Du beharrlich jeden Verbesserungsversuch meinerseits; was ich aber auch schnell aufgegeben habe, da ich das einfach zu putzig finde. Auch frage ich stets interessiert nach was den in Berlin machen möchtest, bekomme aber kontinuierlich die gleicht Antwort: “Tu Mimi”. Aber vielleicht hat das ja auch einfach zu genügen. Irgendwann erlaube ich mir auf die Idee zu kommen, Dich begleiten zu wollen und blicke nach Verbaläußerung desselbigen Umstandes in ein völlig irritiertes Kindergesicht.

“Papa nicht tu Mimi.” ist die noch weichgespülte Variante Deiner Missbilligung einer eventuelle väterlichen Partizipation am hauptstädtischen Ausflug der mir nahestehenden Damenwelt. Je näher der Termin rückt umso rigider formulierst Du Deinen Wunsch endlich mal mit Deiner Mutter alleine sein zu wollen. Ich darf nicht mit und werde somit förmlich genötigt das Land zu verlassen und ein Wochenende am Strand zu verbringen. Bitte Prinzessin, wenn es Dein Wunsch ist – wer kann da schon nein sagen.

Die Damen reisen selbstverständlich zeitoptimiert und Deine Mutter koordiniert Ihre freitägliche Ankunft aus Irgendwo mit Eurem gemeinsamen Weiterflug nach Berlin. Freudestrahlend präsentiert sie mir ihr Zeitkonzept, in der sie noch nicht einmal den Flughafen von Düsseldorf verlassen muß, sondern lediglich Dich dort in Empfang zunehmen gedenkt. Wer nicht mit darf, fährt auch nicht zum Flughafen, heißt: Ich scheide als Shuttle-Service aus. Ich gestehe allerdings wahrscheinlich um diese Uhrzeit auch schon die niederländische Küste erreicht zu haben. Also werden Deine mütterlichen Großeltern, an diesem Nachmittag ohnehin mit Deiner Bespaßung betraut, von Ihrem erweiterten Aufgabenbereich in Kenntnis gesetzt. Zumindest in der Wahrnehmung Deiner Mutter, denn als ich Dich den Abend zuvor von ihnen abhole und mehr beiläufig erwähne, an welchem Gate Deine Mutter auf Dich wartet, schaue ich in zwei völlig ahnungslose Augenpaare.

Deine Mutter kann ganze Industriekomplexe optimieren, Fabriken reorganisieren, aber in Kommunikationsangelegenheiten könnte ihr manchmal durchaus jemand hilfreich zur Seite gestellt werden. Kurz gesagt, sie hat – mal wieder – vergessen ihre Umwelt von der Einzigartigkeit Ihrer Planung in Kenntnis zu setzen. Also wandele ich den unverständlichen Gesichtsausdruck Deiner Oma in ein mitleidvolles Nicken um und entschwinde mit Dir auf dem Arm.

Am nächsten Morgen magst Du schon zu früher Stunde nicht mehr schlafen und schleppst stattdessen ganze Heerscharen von Kuscheltieren zu Deinem Koffer verbunden mit der resolut formulierten Feststellung “Das muß mit!” Einen Schrankkoffer bräuchten wir schon aber das interessiert Dich selbstverständlich nicht. Du beschließt alle Kleidungsstücke durch Hasen, Eisbären, Zebras und sonstiges Getier zu ersetzten. Meinen gutgemeinten Hinweis doch wenigsten den Schlafanzug im Koffer zu belassen konterkarierst Du mit dem Verweis auf den selbigen den Du am Körper trägst. Gegen soviel kleinkindliche Logik kommt keiner an und ich hole einen größeren Koffer.

Wir fahren zum Kindergarten und auf dem Weg frage ich zur Sicherheit noch einmal nach ob Du nicht lieber mit Deiner Mutter und mir nach Berlin fliegen möchtest. Was soll ich sagen: Aussichtslos. “Baby tu Mimi, mit Mama, nicht mit Papa.” Etwa wegrationalisiert fühle ich mich schon als ich Dich an Anna, Deine Kindergärtnerin, übergebe und mich von Dir verabschieden will.

Fast dachte ich es mir schon und dann kommt er auch – der meist gehörte Satz der letzten Tage: “Papa muß weg!” Na dann guten Flug und schönes Wochenende, Prinzessin.