1. Monat – Rheinisch geboren

Genug irritierende Blick erntet jeder ohnehin, schleppt man ein gerade erst einige Woche altes Baby überall mit hin. Das ist normal, trotzdem unverständlich aber eben erträglich. Die deutsche Kleinfamilie hat sich bitte im verborgenen zu entwickeln. Beschließen zwei Elternteile durch die Niederkunft eines Dritten nicht zur ausschließlichen Milchbar auf zwei Beinen und einem für alles und jeden Verständnis habenden Diplompapi zu mutieren, wird man doch Zeuge der ein oder anderen Wunderlichkeit. Deine Mutter und ich haben uns jedenfalls fest versprochen und eben nicht zu dieser Familiendegenerationsstufe zu entwickeln. du bist eine wundervolle Bereicherung unseres Lebens aber beendest nicht unser selbiges. Bin ich mit Deiner Mutter vor Deiner Geburt spazieren gegangen – was selten genug vorkam – sind wir wie von Geisterhand geführt stets auf der Ratinger Straße gelandet, genauer gesagt im Füchschen. Meist haben wir uns selbst optimiert und sind spaziergangslos im Fuchs gelandet. Deine Mutter kann eben nicht anders, ohne kontinuierlichen Verbesserungsprozess läuft bei ihr nix.

Du bist der Grund das wir jetzt spazieren gehen und da wir Dir eine gepflegte urbane Sozialisation angedeihen lassen wollen betrachten wir zuviel Grün in Form von Bäumen und Wiesen als kontraproduktiv wodurch Du gerne an Samstagnachmittagen durch die Düsseldorfer Altstadt geschoben wirst. Vermutlich wird der benachbarte Graphik- und Künstlerbedarfladen – in dem man noch ein paar Erledigungen tätigen muß – der wahre Grund sein; jedenfalls landen wir irgendwann während Deiner ersten Lebenswochen zu Deinem ersten Besuch in der traditionsreichsten aller Düsseldorfer gastronomischen Institutionen.

Ich rangiere gekonnt und nicht eben ohne Stolz Deinen knallorangenen Kinderwagen durch die schmalen Gänge bis wir einen Platz finden um Dein Gefährt köbesfreundlich einzuparken. Die partizipierenden Passanten der umliegenden Tische schauen zwar ein wenig konstatiert als Dich Deine Mutter aus der Schlafstellung in Richtung Präsentationsmodus umstellt, geben aber irgendwann mittels verzweifeltem, voll Unverständnis triefendem Kopfschütteln ihr Unverständnis zur Gleichzeitigkeit von Kind und Kneipe zu verstehen. Diese Blicke genieße ich sichtlich und als der Köbes fragt: Zwei oder schon Drei Alt bist Du auch hier standesgemäß angekommen.

Prost allerseits.