Leos Kindergarten legt seine sommerlichen Betriebsferien stets vor die Schulferien, was sicherlich diejenigen Eltern freuen dürfte, die keine weiteren schulpflichtigen Kinder zuhause haben, da sie dann natürlich nicht zwingend in der Hauptsaison in den Urlaub fahren müssen. Für alle anderen – somit auch uns – bedeutet das schlicht zwei Wochen mehr Organisation und weniger Zeit um zu arbeiten. Wir beschließen die Zeit aufzuteilen: die erste Woche geht an Eure Mutter, die zweite an mich. Der Umstand, daß Eure Mutter – wenn sie arbeitet – zwangsweise praktisch nie zu Hause ist, ich aber arbeiten kann während Sarah Sophie in der Schule weilt, ist die familieninterne Übersetzung für „Leo macht Ferien“ und das selbstverständlich nicht zu Hause. Ich meine etwas wie „Wenn ich mir schon Urlaub nehmen muss, bleibe ich doch nicht zuhause!“ seitens Eurer Mutter zu vernehmen. Natürlich nicht, das habe ich auch nicht erwartet. Kurz- und gut: Leo, Eure Mutter, Ihre Freundin Viktoria und deren Sohn Lev – der nur ein Jahr älter als Leo ist – fliegen Mitte Juni nach Thessaloniki und von dort mit dem Auto weiter nach Chalkidiki um sich am Toronäischen Golf schonmal Sommerwind um die Nasen wehen zu lassen. Sarah Sophie gefällt das ganze verständlicherweise eher weniger und Du findest es schlicht „Unfair!!! Leo darf an den Strand und ich muss zur Schule.“ Einzig die Aussicht mal wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit meinerseits einfordern zu können lässt Dich an einen Samstag in fröhlichem Gemütszustand Mutter und Bruder zum Flughafen verabschieden und uns Verbliebene in Richtung Zoo dirigieren. Deine Begeisterung für Ivo, Peppina und Co – die Delphine des Duisburger Delphinarium – ist seit Jahren ungebrochen und alle paar Monate müssen wir da hin, da führt kein Weg dran vorbei. Ich kann den Text der Vorführungen mittlerweile übrigens fehlerfrei mitsprechen.
In den nächsten Tagen trudeln immer wieder von griechischer Seite die erwarteten Photos ein: Strand, Restaurant und Spielplatz. Schlecht scheint es Euch nicht zu gehen.
Sarah Sophie moniert den einseitigen Ausflug der halben Familie bereits am zweiten Tag nicht mehr und wir beide stellen fest wie ruhig es auf einmal zuhause ist. Ruhig und vor allem derart unangestrengt, daß ich mich an die Zeit mit nur einem Kind zurück erinnert fühle – nur das Du eben mittlerweile fast sieben Jahre alt bist und solch vernachlässigbare Luxusgüter wie nächtelanges Durchschlafen in diesen Tagen selbstverständlich sind. Wir beide genießen sichtlich die Zeit und es ist einfach auch mal ganz schön, wenn ein kleiner Bruder beim abendlichen Vorlesen nicht ständig die Seiten hin- und herblättert. Da in diesen Tagen die Fußball-WM beginnt und Du erstaunliches Interesse daran zeigst, hebeln wir kurzerhand einige sonst übliche Regeln außer Kraft und ausnahmsweise rollt auch beim Essen der Ball über die Leinwand. Durch das grandiose Ausscheiden der Deutschen Mannschaft in der Vorrunde des Turniers sind diese genehmigten Regelverstöße aber natürlich wieder flott vom Tisch. So hat das Gurkengekicke auch sein Gutes. Zu übernimmst kurioserweise ohne jedwedes Hinterfragen meine Einstellung beim Thema Fußball: Deutschland ist raus, WM vorbei, Thema durch! In zwei Jahren ist EM.
Die Woche verfliegt sprichwörtlich und Samstagabend sind Leo und Eure Mutter, pünktlich zum ersten Sommerfest Deiner Schule am Sonntag, wieder zuhause. Das verläuft unspektakulär mit vielen würdevollen Reden, Schulchor, solch derart ausgefallenen Spielen wie „Limbotanz“ und der „Reise nach Jerusalem“, was noch eine der originelleren Ideen ist, vor allem an einer jüdischen Schule. Solche Veranstaltungen scheinen Generationen ideenlos zu überdauern. Aber gehören halt dazu.
In der nächsten Woche fährst Du zur üblichen Zeit zur Schule und ab dann haben Leo und ich auf einmal ganz viel Zeit. Der Jahrhundertsommer in Mitteleuropa lässt eigentlich nur eine Wahl der Freizeitbeschäftigung zu: Strand und Wasser. Da ich Freibädern nur bedingte Begeisterung abringen kann fahren wir zum Unterbacher See, da ich hier irrtümlich annehme vielleicht noch andere Altersgenossen von Dir anzutreffen. So überfüllt das einzige Strandbad Düsseldorfs am Wochenende auch ist, unter der Woche kann man den Strand auch gerne mal ganz für sich alleine haben. Das fällt einem schwer zu glauben, ist aber wirklich so. Wenn dann gegen Mittag die ersten Omas und Opas mit den potentiellen Spielkameraden eintreffen denkst Du Dir wahrscheinlich, „Wer erst so spät hier auftaucht, den brauche ich auch nicht mehr.“ Jedenfalls bewegt sich Dein Interesse an anderen Kindern bei ausgeprägten 0,0%. Macht aber nix, entscheidest Du – es gibt ja mich. So turnen wir gefühlt, ganz in unserem eigenen kleinen Universum gefangen, stundenlang im Wasser umher bevor Du beinahe täglich pünktlich um 12Uhr Dein Mittagessen einforderst: „Papa, ahm, ahm!“ Und da brauche ich Dir auch nicht mit Paprika, Äpfeln oder sonstigem zu kommen, was ich in unserem Picknickkörbchen dabei habe. Es wird losspaziert und unmissverständlich in Richtung Imbissbude gedeutet die sich hinter der Liegewiese befindet. Vielleicht hätte ich nicht direkt am ersten Tag hier mit Dir einfallen sollen. Wahrscheinlich eher mein Fehler. Aber schließlich haben wir beide ja auch Ferien und das muss jetzt hier als legitimierender Unschuldsbeweis einfach mal herhalten. Und Appetit hast Du hier wohl wahrlich ordentlich. Für gewöhnlich nimmst Du eine Portion Chicken Nuggets vorneweg um dann die ein oder andere Falafel von mir zu mopsen. Und ein klein bisschen pädagogisch korrekt war ich auch: Pommes frites gab es wirklich nicht jeden Tag. Höchstens mal wenn auch eine Fanta im Spiel war.
Nächstes Jahr hat Dein Kindergarten wieder vor den Sommerferien geschlossen – aber da machen wir das alles ganz anders. Bestimmt!
Eine Antwort auf „Der 83./ 31. Monat – Sommersonderurlaub“
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