Wie in jedem Jahr beschert uns der Juni einige “lange” Wochenenden, da wir natürlich grundsätzlich einen Feiertag am Donnerstag mittels Brückentag am Freitag zu einem ebensolchen umfunktionieren. Diesmal nur mit der kleinen Einschränkung, daß Eure Mutter zumindest an einem dieser Wochenenden mal wieder mit Leo in der Ukraine umhergeistert und somit Sarah Sophie und ich uns allein ein geeignetes Ausflugsziel suchen müssen. Vier Tage zuhause, geht bei uns selbstverständlich gar nicht. Es geht zum Leukermeer in Holland.
Und es gibt eine Besonderheit: Wir sind nicht alleine. Deine Freundin Elisabeth samt Ihrer Mutter Katja kommt mit. Platz haben wir ja genug, das ist nicht das Problem, aber wer Katja kennt, kann sich viel vorstellen – ein Campingplatz gehört aber nicht unbedingt dazu. Cocktailbars, Crevettenhäppchen oder ausgedehnte Shoppingtouren durch die bekannten Luxusboutiquen dagegen schon eher. Ich frage noch einmal zur Sicherheit nach, die beiden sind aber fest entschlossen. Zur Historie muss man noch dazu sagen, daß die zwei bereits bei unserem letzten Skitrip im März eigentlich mit wollten, das ganze aber an fehlenden Schulferien von Elisabeth gescheitert ist. Das ganze ist zudem eine Idee Eurer Mutter was wiederum bei meinen Kumpels ein völlig erstauntes “Mit wem schickt Dich Helena in den Urlaub?” hervorruft. Die männliche Übersetzung für: “Ja, Katja ist sehr attraktiv und allein erziehend!”
Die Eckdaten sind somit klar und am Mittwochnachmittag stehen wir mit unserem Campingbus vor Elisabeths Schule um zu viert und einige Prada-Schühchen nebst Gucci-Täschchen zum campen zu fahren. Natürlich habe ich eine Kiste passenden Prosecco dabei, wir wollen ja auch unsere Klischees hegen und pflegen.
Fauxpas Nummer eins leiste ich übrigens höchstpersönlich ab, da mir Eure Mutter zwar mehrfach gesagt hat, wann Elisabeth Geburtstag hat, ich aber natürlich nix behalte und somit an besagtem Mittwoch wie ein Vollhorst vor einem an diesem Tag gerade neun Jahre alt gewordenem Mädchen stehe, die mich auch erst nach einer Stunde fragt, warum ich Ihr denn nicht gratulieren würde. Da hilft auch keine gutgemeinte Entschuldigung mehr und Sarah Sophie setzt noch einen drauf: “Papa, hast du denn jetzt etwa auch das Geschenk für Elisabeth vergessen. Ich wollte ihr doch das Kleid mit den Blumen schenken. Das habe ich extra mit Mama für sie gekauft.”
Mittlerweile gucken mich vier Kinderaugen erstaunt an und ich erwäge die Selbstauflösung.
Kommt aber noch besser: “Elisabeth, Du musst entschuldigen, mein Papa ist so ein guter Vergesser, der macht das immer, kann aber nix dafür. Der ist halt so.” läßt mich meine Tochter im Regen stehen.
Katja rettet mich und deklariert kurzerhand den Ausflug zum Geburtstagsgeschenk womit sich die jungen Damen zufrieden geben. Ich kaufe Eis und entkorke eine Flasche. Ausflugsstart mit kleiner Holprigkeit geglückt.
Das Wochenende ist ein voller Erfolg, das Wetter traumhaft und der Sonntagnachmittag viel zu früh erreicht. Wir haben unsere Campingnachbarn sichtlich irritiert, alle vorhandenen Klischees und möglichen Vorurteile einer internationalen Patchwork- und auch eben wieder nicht Familie wie ich glaube zu einhundert Prozent erfüllt, die Damen haben sich jeden Tag mindestens vier mal umgezogen damit man zu jeden passenden Anlass auch korrekt gekleidet war und ich bestätige hiermit uneingeschränkt wie elegant eine Pradatasche zum Duschhäuschen getragen werden kann.
Und Sarah Sophie gibt offiziell bekannt, die beiden das nächste Mal wieder mitzunehmen. Dann aber nur mit ihrem Hund. Der paßt auch noch in eine solche Geschichte. Er heißt Gucci und paßt größenmäßig in die dazugehörige gleichnamige Tasche. So machen Klischees doch mal Spaß.