Es sind zwar bis zur Einschulung noch ein paar Monate, aber derzeit dreht sich alles ausschließlich um dieses Thema. Bereit im Herbst vergangenen Jahres habe ich mir zwei Schulen, von denen wir meinen die könnten passen, angeschaut, dies aber unglücklicherweise stets ohne Sarah Sophie, weil Du entweder nicht da warst oder die jeweiligen Infoveranstaltung höchstsinnigerweise auf die Abendstunden gelegt wurde und somit Kinder offenbar unerwünscht waren. Eine Logik, welche sich mir gänzlich nicht wirklich erschließen will – schließlich mußt Du ja in die jeweilige Schule gehen und nicht etwa ich.
Die Grundschule in der ich meine i-Dötzchen-Karriere begonnen habe liegt zwar immer noch praktisch direkt hinter unserem Haus, deren pussierlichen Infoabend habe ich allerdings sogar vorzeitig verlassen, da man meine Frage nach einem Gespräch mit einem Vertreter der Nachmittagsbetreuung – mir widerstrebt die Vokabel “Offene Ganztagsschule” in diesem Zusammenhang – überhaupt nicht verstanden wurde und ich viel lieber kurz und knapp abkanzelnd darüber informiert werde, daß dies heute Abend nicht vorgesehen ist. Ich könne mich ja fakultativ an die jeweilige Institution wenden, aber von denen ist heute sowieso niemand da. Aha, die Betreuung wird also gar nicht von der Schule durchgeführt. Wie ich mittlerweile gelernt habe ist das aber gar nicht so ungewöhnlich. Ich oute mich hiermit als schulpädagogischer Naivling, denn das war mir wirklich nicht bewusst. Damit haben wir die städtische katholische Grundschule ums Eck abgehakt.
Elterlich ausgeguckte Variante zwei veranstaltet einen Tag der offenen Tür an eine normalen Schultag und ich gebe zu mir schlicht derart blöd vorzukommen, da ich dort ohne Kind auftauchen muss. Sarah Sophie weilt zu der Zeit mal wieder in der Ukraine. Ich packe mir also Katja, eine Freundin Eurer Mutter, deren Tochter hier in die dritte Klasse geht, unter den sprichwörtlichen Arm und starte meinen Schulausflug. Kurz und gut, Katja und ich werde argusäugig bestaunt und die Fragestellung nach der sich hier abbildenden Familienverhältnissen schwebt sozusagen schweigend über uns. Die Schule und ihr Konzept, die maximalen Klassenstärken, frisch vor Ort gekochtes Mittagessen in der eigenen Schulküche und so einiges mehr überzeugen mich vollends und ich informiere Eure Mutter über die gelungene Schulwahl. Jetzt müssen die Dich nur noch aufnehmen. Zur Anmeldung erscheinst Du dann mit Eurer Mutter und Leo vor Ort und alles nimmt seinen Lauf.
Soweit zur Vorgeschichte. Das ganze gerät in Vergessenheit und ploppt skurrilerweise in diesem Monat wieder auf. Auslösender Schlüsselmoment könnte Deine Freundin Helene sein, die seit einigen Tagen bereits einen eigenen Schreibtisch besitzt und somit hier Schule wohl ebenfalls ein beginnendes Thema ist. Natürlich möchtest Du jetzt ebenfalls einen “Schulkindschreibtisch” wie das Möbelstück ab sofort nur noch genannt wird. Rosa muss er ein und einen Schrank – ausschließlich für Deine Schulsachen – gehört daneben. Klare kindliche Vorstellungen, da gibt es mal nix zu mäckeln. Mitte des Monats kommt der Brief mit der finalen Zusage der Yitzhak-Rabin-Schule und ganz überraschend muss ich denselben auch nur rund zehnmal in Deiner Anwesenheit vorlesen, bis Du mir endgültig glaubst, in dieselbe Schule wie Lisa zu gehen. Gänzlich aus dem Häuschen bist Du nachdem ich Dir erkläre, daß es dort sogenannte Patenschaften der Viert- für die Erstklässler gibt und Deine Freundin Lisa da wohl in Frage kommt.
Sofort fängst Du an zu zählen, ob das Patenprinzip später für Dich in Bezug auf Leo altersmäßig hinkommt. Das ihr beide dafür möglicherweise ein knappes Jahr zu weit auseinander liegt missfällt Dir deutlich und kann erst durch den beherzten Hinweis Eurer Mutter egalisiert werden, daß “Leo ja vielleicht ein Jahr früher zur Schule kann.” Warum, wieso, weshalb spielt überhaupt keine Rolle. Die Aussage als solche reicht Dir völlig. Mir an der Stelle dann auch erstmal. Zurück zum “Schulkindschreibtisch”: Das Projekt lässt Dir keine Ruhe und somit uns auch nicht. Pädagogisch wahrscheinlich unkorrekt verständigen Eure Mutter und ich uns darauf, daß wir ja irgendwann ohnehin einen kaufen müssen und völlig überraschend gibt es bald einen neuen Tisch nebst Trolley in Deinem Zimmer. Rein zufällig in zartem rosa. Deinen Maltisch mit den zwei Hockern hast Du bereits vor Wochen eigenhändig in Leos Zimmer geschoben. Der ist übrigens glücklicherweise weiß.
Nachdem in Deinen Augen somit die Vorbereitung Deiner Schulzeit erfolgreich abgeschlossen ist, verschwindet das Thema genauso flott von der Tagesordnung wie es aus dem Nichts aufgetaucht ist.
Hoffentlich verpassen wir die Einschulung nicht. Aber wir bekommen bestimmt noch einen Brief. Darauf vertraue ich jetzt mal.