Der 47. Monat – Endlich erwachsen

Es ist Juni und einen weiteren Schritt in die Erwachsenenwelt haben wir sozusagen im Vorbeigehen erledigt. Seit dem Urlaub in Tarifa im vergangenen Monat schläfst Du auch nachts ohne Windel und die Wahl der Location hierfür hat sich als sehr praktisch herausgestellt. Bettwäsche trocknet unter andalusischer Sonne wirklich im Handumdrehen und nach zwei Nächten vermeldet Deine Mutter stolz, daß Du nachts selbständig den Wunsch nach Besuch der Sanitäreinrichtung äußerst und nach Deinem eigenen Bekunden Windeln von nun an wirklich für “Baby” aufzusparen sind. Nach einer weiteren Nacht spazierst Du bereits alleine ins Bad. Also alles richtig gemacht – bald fragst Du wahrscheinlich wo der Autoschlüssel hängt.

Und große Mädchen schlafen auch mal woanders – beziehungsweise bekommen schonmal Besuch. Du vereinst beides in einem. Denn wer wartet, das sich andere bewegen, wartet vielleicht zu lange und das ist nix für Dich. Irgendwann und irgendwo verkündest Du uns voll inbrünstiger Überzeugung, daß Deine Freundin Mira doch mal mit Dir zusammen im Wohnauto übernachten soll (diese Begrifflichkeit für unseren Campingbus hat mittlerweile Einzug in den allgemeingültigen Familiensprachgebrauch gehalten). Da Mira zufällig anwesend ist, erfolgt die zweitkindliche Bestätigung des Übernachtungsprojektes postwendend. Soweit so gut – Miras Mutter ist einverstanden und wir einigen uns darauf, daß das kommende Wochenende doch eine profunde Grundlage für Deinen Schlafbesuch bildet. Ein, uns mittlerweile wohl bekannter, niederrheinischer See, bildet die Kulisse für den Schlafbesuch.

Mama Mira entscheidet kurzfristig doch lieber in der Nähe zu bleiben, was eine Umorganisation der Schlafplätze zur Folge hat. Für Dich ist alles klar: Mira und Du nächtigt in Deinem Bett, wir in unserem und die Mama Deiner Freundin scheint irgendwie Pech zu haben, jedenfalls vergisst Du sie in allen Überlegungen vollständig. Auf meine Intervention zur vorliegenden Problematik hin folgen diverse Vorschläge Deinerseits in der so ziemlich jeder mal mit jedem im gleichen Bett liegt, es aber irgendwie nie aufgeht. Über das Abendessen verliert die Schlafplatzwahl an Bedeutung und ich baue das Vorzelt auf, in der sicheren Überzeugung irgendjemand wird hier schon übernachten wollen.

Nach dem Essen folgt das erwartete Prozedere: Beim Zähneputzen übertrumpft Ihr Euch noch gegenseitig damit wer nun schneller, schöner oder länger auf einem Bein hüpfend der Mundhygiene trotzen kann, sitzt aber irgendwann doch endlich in Deinem Bett und spielt mit Euren Kuscheltieren – und zwar ganze drei Minuten nach wohlwollender Schätzung. 

Warum nun schlussendlich ist nicht mehr zu ermitteln, aber Mira will auf einmal partout nicht bei Dir schlafen – das heißt schon, aber nur wenn ihre Mama ebenfalls zugegen ist. Das wiederum nimmst Du zum Anlass nun wiederum Deine Mutter einzufordern und ich bemerke, daß selbst bei rigidester Kuscheltierverknappung die zur Verfügung stehende Liegefläche einer 2 + 2-Belegung nur recht begrenzt gewachsen sein dürfte. Selbstverständlich werde ich an dieser Stelle nicht gehört. Aber wer will das schon? Folglich dreht sich das “wer mit wem schläft-Karussell” erneut, ich öffne eine Flasche Rotwein und entzünde den Grill. Von nun an bin ich etwas außen vor, da es sich nach meinem Verständnis wenig ziemt vier Damen ins Bett zu drängen ohne überhaupt zu wissen wer nun denn eigentlich mit wem wohin will.

Das Ganze geht noch eine Weile hin- und her, wobei Du ein erstaunliches Verhandlungsgeschick an den Tag legst und nicht müde wirst einen wie auch immer gearteten Ausweg aus dem Dilemma zu finden. Die Uridee ist zu diesem Zeitpunkt bereits uneinholbar in den Hintergrund getreten und bevor die Beratungen ergebnislos vertagt werden liegt jedes Kind nebst dazugehöriger Mutter im separaten Bett. Also ist meine Vermutung durchaus Realität geworden und ich pumpe meine Luftmatratze im Vorzelt auf.

Am nächsten Morgen sind die Dramen der vorangegangenen Nacht unverzüglich vergessen und sowohl Mira als auch Du berichten durchweg wie schön es war mal woanders übernachtet zu haben, während ihr beide wieder einträchtig auf Deinem Bett sitzt. Deine Ausführungen in diese Richtung werden dahingehend komplettiert, daß von nun an, an allen kommenden Wochenenden Besuch zu erwarten sein sollte, denn ich müsse ja zugeben, wie toll das doch ist, wenn jeder mal woanders schläft. Der Schlusssatz geht in etwa so: “Und Du Papi darfst dann wieder im Zelt schlafen – das magst Du doch auch so!” 

Soviel selektive Wahrnehmung stellt schon wieder ein schützenswertes Gut dar, daran glaube ich ganz fest. Und für nächste Woche kaufe ich ein bis zwei Feldbetten – sicher ist sicher.